Schon lange befasst sich die Kölner Fanszene mit dem Konstrukt TSG Hoffenheim. Es gab Flyer, Spruchbänder, Ausstellungen zum Thema Werksvereine, diverse Aktionen im Stadion… die Gruppen der Südkurve 1. FC Köln können durchaus von sich behaupten, zu diesem Thema von Anfang an Aufklärungsarbeit geleistet und Position bezogen zu haben.
Neben Aufklärungsarbeit, hat es sich mit den Jahren bei den Spielen gegen Hoffenheim ergeben, nicht nur das Konstrukt TSG Hoffenheim als Kollektiv, sondern auch dafür stellvertretend seinen Mäzen Dietmar Hopp „anzupöbeln“. Nicht selten fand hierbei der vermeintliche Berufsstand seiner Mutter Erwähnung. Wie beim Thema Werksvereine, so kann man auch beim Thema Beleidigungen im Stadion in verschiedener Form differenzierter Meinung sein.
Ob beim Fußball, auf dem Schulhof oder mittlerweile auch in einer überdimensionalen Form im Internet: Menschen beleidigen sich gegenseitig und das auch unter der sogenannten „Gürtellinie“. Dass der Gürtel hier bei jedem anders sitzt, liegt in der Natur der Sache. Daher ist es schwer hierzu einen Konsens zu finden. Dennoch kann man durchaus behaupten, dass ein rauer Umgangston zum Fußball und seinen Fankurven seit Ewigkeiten dazu gehört. Was wäre ein Derby ohne ein gepflegtes „Und wir schmeißen Stein auf Stein, auf die Elf vom Niederrhein“? Genauso verhält es sich auf der Gegenseite, die uns Kölnern „Tod und Hass“ wünscht. Oder es wird eben Timo Werner als „Hurensohn“ besungen. Dies schmeckt vielleicht nicht jedem, aber es will hier weder jemand Steine auf Fußballspieler werfen, noch soll jemand umgebracht werden. Stattdessen gehören diese Gesänge für uns zu einem Spieltag einfach dazu!
Wenn man anfängt, bei derartigen Gesängen jedes Wort auf die Goldwaage zu legen und sogar juristisch zu prüfen, steht man strafrechtlich theoretisch an der Schwelle zu massenhaft begangenen Serienstraftaten. Dass sich hierzu bis vor kurzem noch niemand derart geäußert hat mag daran liegen, dass diese Gesänge auf gegnerischer Seite eine große Akzeptanz erfahren, zumindest aber im Rahmen eines Fußballspiels gesamtgesellschaftlich hingenommen werden. Üblicherweise sind Personen im Kontext des Sports nicht gerade zart besaitet und genießen es vereinzelt sogar, mal „angepöbelt“ zu werden.
Nun hat Herr Hopp nach langen Jahren der Anti-Gesänge scheinbar die Schnauze voll und zeigt alles an, was ihm aus der Fankurve an Beleidigungen entgegenschlägt. Wenn es aber um die Kriminalisierung von Fangesängen geht wird damit spätestens eine Grenze überschritten, die wir nicht hinnehmen können und hinnehmen werden. Wo kommen wir hin, wenn nun zukünftig auch von Timo Werner über Oliver Kahn bis zu Uli Hoeneß dann an gewissen Spieltagen hunderte oder tausende Anzeigen erstattet werden?
Die jüngsten Anzeigen und nachfolgenden Strafbefehle gegen bisher 21 FC-Fans im Nachgang zum letzten Gastspiel in Hoffenheim werden auch zukünftig nichts ändern. Wir erwähnten bereits, dass Beleidigungen für uns in gewissem Maße zum Fußball dazu gehören. Dass die Motivation von Polizei und Justiz zur Strafverfolgung im Zusammenhang mit Fußballspielen gegenüber anderen gesellschaftlichen Bereichen eine überdimensionale Intensität angenommen hat, ist keine Neuigkeit für uns. Dass sich die Polizei in Sinsheim jedoch neuerdings auf medienwirksames Bestreben von Dietmar Hopp mit Lippenlesen und ähnlichen Dingen beschäftigt, etliche haarsträubende Ermittlungsverfahren auf den Weg zu bringen, stellt für uns ein neues Mittel der Behörden dar, unliebsamen Fans „einen vor´s Schienbein“ zu geben.
Wir werden uns mit allen Mitteln gegen diese Anzeigen wehren, da hier andernfalls ein neuer Präzedenzfall geschaffen werden könnte. Des Weiteren wird ein solches Vorgehen von Herr Dietmar Hopp sicherlich nicht zur Beruhigung der Lage beitragen, wie bereits das Gastspiel des BVB in Hoffenheim im September diesen Jahres gezeigt hat. Gesänge sind ein Teil der freien Fankultur und solche Anzeigen stellen einen massiven Eingriff in die Fankultur dar. Wir werden bis zum bitteren Ende für die Freiheit der Fankurve kämpfen.