Aktuell ruht in den Fußballligen hierzulande noch der Ball, doch auch wenn der Kampf um Tore und Punkte somit kurz in den Hintergrund gerückt ist, bleibt König Fußball immer ein Thema. Kurz vor Weihnachten sinnierte DFL-Geschäftsführer Seifert öffentlich darüber, dass sich die Bundesliga bzw. die Bundesligisten ausländischen Investoren öffnen müssten. Vielmehr solle man nicht über Scheichs lästern, sondern die positiven Aspekte erkennen. Nimmt man sich diesen Appell zu Herzen, geht der Blick automatisch gen bayerische Landeshauptstadt. Der TSV München 1860 hat sich bereits einem arabischen Investor geöffnet und bezahlt die Zeche jetzt eventuell mit der Insolvenz und dem Lizenzentzug. Fairerweise muss man sagen, dass die Löwen auch nur dank den Investitionen von Hasan Ismaik überhaupt noch in der 2. Bundesliga spielen. Doch der Preis dafür ist hoch, denn de facto ist der Verein handlungsunfähig und ein Neustart hängt einzig und allein am Wohlwollen des Investors.
Im Dezember 2015 war Ismaik auch bereit seine Anteile wieder zu verkaufen, allerdings hat er öffentlich kundgetan, dass er dafür alle seine getätigten Investitionen zurückerhalten möchte. Er beziffert diese Summe mit ca. 40 Millionen Euro, die Kosten für die erworbenen Anteile machen von dieser Summe 18,4 Millionen Euro aus. Man muss kein Kapitalmarktexperte sein, um diese Forderung zumindest als ambitioniert zu betrachten. Doch momentan sitzt der Jordanier mal wieder am längeren Hebel.
Etwaige Ablösesummen und Handgelder für neue Spieler können also wie gehabt nur mit Hilfe weiterer Zahlungen von Hasan Ismaik gestemmt werden. Mit Sascha Mölders konnte dann nach einigen verbalen Scharmützeln auch ein neuer Spieler präsentiert werden. Bis zum 31. Dezember mussten zudem Darlehen in Genussscheine umgewandelt werden, andernfalls drohte den Münchenern eine Strafe von bis zu 750.000 Euro durch die DFL. Genussscheine werden im Falle einer Insolvenz nachrangig behandelt, das heißt, dass zunächst die übrigen Fremdkapitalgeber bedient werden. Ismaik ließ den Stichtag bewusst verstreichen. Eine Art Denkzettel, hatte er dies doch damit begründet, dass der TSV 1860 nach wie vor nicht so geführt werde, wie er sich das vorstellt.
Am 5. Januar reiste 1860 Präsident Cassalette nach Abu Dhabi um die Gespräche mit Ismaik erneut aufzunehmen. Einen Tag später ging Ismaik in die Offensive und veröffentlichte einen umfassenden Brief, in dem er den deutschen Medien “negative Vorurteile gegen alle arabischstämmigen Menschen” vorwarf. Außerdem wäre er über die jüngsten Gerüchte “überrascht”, dass er dem TSV 1860 mit der Insolvenz drohen würde. “Da ich 60 Prozent der Anteile am Verein besitze, wäre diese Drohung so, als würde ich mich selbst erpressen!” so Ismaik. Über Einzelheiten des Gesprächs wird allerdings geschwiegen. Über die Social Media Accounts “Ismaik 1860” bei Twitter und Facebook wird deutlich, dass der Jordanier alles andere als zufrieden mit dem Management und der fehlenden Strategie der Löwen ist.
Die Verantwortlichen in Giesing wünschen sich wohl nichts sehnlicher als einen zügigen Verkauf der Anteile oder zumindest weitere Investitionen. So oder so sind sie von den Launen ihres Investors abhängig. Ismaik wünscht sich vom deutschen Verband die Aufhebung der 50+1-Regel und appelliert Richtung Anhänger um die Unterstützung seines Anliegens. Währenddessen sprachen sich Fans der Löwen für den Erhalt der Regel aus. Ismaik konterte prompt und verlangte von jedem Befürworter der 50+1-Regel einen Betrag zwischen 1.000 und 30 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Diese Forderung fußt auf seiner Einschätzung, dass der Verein 60 Millionen Euro braucht, um konkurrenzfähig zu bleiben, wozu Ismaik dann wiederrum entsprechend seinem Anteil 49 % der Summe beisteuern würde.
Unter dem Strich steht in diesem Szenario die völlige Aufgabe der Selbstbestimmung. Eine solche zukünftige Perspektive kann für einen Fußballverein kaum wünschenswert sein. An dieser Stelle sei auch darauf verwiesen, dass es keinen Unterschied macht woher ein Investor oder seine Millionen kommen. Wenn die Anteile einmal veräußert sind, wird es nur schwerlich möglich sein, eine Unabhängigkeit zu bewahren. Eine Garantie für die Loyalität eines Investors gibt es nicht.
Doch es wird natürlich für große mitgliederstarke Traditionsvereine immer schwieriger, möglichen Offerten zu widerstehen. Insbesondere die brüchige 50+1-Regel, die nun bereits mehrfach umgangen wurde und sich nach europäischem Kartellrecht anfechtbar macht, zwingt Vereinsverantwortliche zum Umdenken.
Heribert Bruchhagen skizzierte dieser Tage bereits eine düstere Zukunftsprognose im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit. Auch unser Sportdirektor Jörg Schmadtke äußerte sich vor kurzem öffentlich zu dieser Thematik. An Hand des Beispiels Roman Abramowitsch beim FC Chelsea versuchte er hinsichtlich der Einbeziehung von Investoren zu beschwichtigen. Der utopische Schuldenstand, der sich seit dem Engagement Abramowitschs beim FC Chelsea angehäuft hatte, wurde bei der Betrachtung wohl ignoriert. Auch Schmadtke schloss einen mittelfristigen Einstieg eines Investors nicht aus. Ein Thema, welches uns zukünftig mehr denn je beschäftigen wird. „Der Verein gehört seinen Mitgliedern und Fans.“ Eine häufig verwendete Aussage, die es langfristig zu sichern gilt!