Dreihundertfünfzigmillionen – so viele Anhänger unterstützen die TSG Hoffenheim zwar nicht bei jedem Auswärtsspiel, aber so viel Euro hat Dietmar Hopp Medienberichten zufolge in sein Spielzeug investiert. Er selbst hat dieses Volumen im Mai 2014 bereits mit 250 Millionen Euro beziffert. Jeden Verlust, den die TSG pro Geschäftsjahr verbucht, kann auf diese Weise also problemlos ausgeglichen werden. Man kann Herrn Hopp also gewissenhaft als Mäzen bezeichnen. Hinsichtlich der Einordnung dieses Verhaltens sei auf folgenden Artikel verwiesen: http://www.volkssport-fussball.de/?p=98
Zum 1. Juli diesen Jahres wird Dietmar Hopp auch ganz offiziell Besitzer der Hoffenheimer Fußballer sein. Ab diesem Zeitpunkt hat er durch sein langjähriges Engagement nämlich die Möglichkeit, die 50+1-Regelung ganz legal zu brechen. Natürlich handelt es sich bei diesem Vorgang lediglich um eine reine Formsache. Die TSG war und ist in dieser Form ohne die bereitgestellten Finanzmittel nicht denkbar. Ob sich an diesem Zustand in Zukunft etwas grundlegend ändert, erscheint zumindest fragwürdig.
Der Verein ist ein Produkt von Hopps Launen, auch wenn Herr Hopp diesbezüglich zugegebenermaßen eine große Ausdauer an den Tag legt. Natürlich sind ähnliche Vereinsstrukturen auch andernorts zu beobachten. Martin Kind hat die Strukturen in Hannover ebenfalls auf seine Person zugeschnitten, doch spielte der niedersächsische Traditionsverein auch schon vor der Regentschaft des Herrn Kind in der Bundesliga und würde auch ohne ihn weiterhin auf ähnlichem Niveau existieren. Dies kann zwar keine Rechtfertigung, aber zumindest eine Relativierung sein. Die Verhältnisse in Hannover und das Vereinsverständnis eines Herrn Kind sorgen selbstverständlich trotzdem für Proteste.
In jedem Fall führen solche Entwicklungen dazu, dass Vereine sich in eine Abhängigkeit begeben. Eine Selbstbestimmung der Mitglieder und Gremien wird de-facto ausgeschlossen. Der 1. FC Saarbrücken konnte Mitte der 90er Jahre nur durch die Unterstützung eines gewissen Hartmut Ostermann weiter bestehen. Seit diesen Tagen wird die Möglichkeit auf höherklassigen Fußball im Saarland ausschließlich mit der Unterstützung Ostermanns verknüpft. Dieser ist nicht nur Hauptsponsor des Vereins, sondern aktuell auch in zweiter Amtszeit Präsident. Vor der letzten Mitgliederversammlung kam es in diesem Zusammenhang sogar zu Erpressungsversuchen, um Stimmen von Mitgliedern zu gewinnen. Weitere Informationen zu den Vorgängen lassen sich unter http://www.ludwigspark.de/?p=8436 sowie http://www.ludwigspark.de/?p=8537 abrufen.
Im beschaulichen Hoffenheim sind solche Vorgänge undenkbar, es gibt schlichtweg keine Fans, die sich um die Existenz ihres Vereins sorgen. Die Zuschauer kommen, weil Dietmar Hopp sich und Ihnen ein Stadion gebaut hat, und dabei ist nebensächlich, ob in diesem Stadion der FC Zuzenhausen, die TSG Hoffenheim oder die Rhein-Neckar Löwen antreten. Natürlich kann Herr Hopp mit seinem Geld tun und lassen, was er möchte. Er kann sich aber keinen Fußballverein mit unverwechselbarer Identität, der die Massen auch bei sportlicher Talfahrt und ausbleibender finanzieller Unterstützung in seinen Bann zieht, schaffen. Interessanterweise bekannte Hopp, dass er dieselbe Entscheidung im Bezug auf sein Engagement im Fußball nicht mehr zwangsläufig so treffen würde. Vielleicht geht es noch nicht einmal so sehr um bewegte Massen, sondern um Leidenschaft für seinen Verein. Eine solche Leidenschaft legen momentan die Fans von Borussia Neunkirchen an Tag, die auf unterschiedliche Weise versuchen ihren Verein zu retten. (http://www.fussball.de/newsdetail/neunkirchen-mit-peps-hilfe-aus-der-insolvenz/-/article-id/120733#!/section/news-detail)
In diesem Zusammenhang fällt es schwer, Kriterien zu definieren und klare Trennlinien zu ziehen. Doch das kollektive Empfinden von Millionen Fußballfans im Bezug auf solche Retortenvereine kann nicht täuschen. Natürlich kann dieses Empfinden subjektiv und selektiv sein, aber so irrational ist die Leidenschaft für Fußball nun einmal eben. Oftmals wird die These ins Feld gefüllt, dass mit der Zeit ein gewisser Gewöhnungsprozess einsetzt. Umso wichtiger ist es, darauf hinzuweisen, dass solch ein Verein immer ein Kunstobjekt bleibt. Die Geschichten, die der Fußball in Deutschland und insbesondere viele legendäre Vereine geschrieben haben, lassen sich nicht mehr reproduzieren. Die TSG Hoffenheim wird niemals eine solche Geschichte schreiben, wohlwollend kann man dabei von dem Schicksal der späten Geburt sprechen. Doch eigentlich bleibt die TSG nur ein schlechtes Abziehbild von einem echten Fußballverein mit all seinen Ecken und Kanten.