Strukturen der Bundesligisten – Teil 1 (eingetragene Vereine)

Strukturen der Bundesligisten – Teil 3 (Ausgliederung des Spielbetriebs)

6. Februar 2017 Kommentare deaktiviert für Strukturen der Bundesligisten – Teil 2 (Investorenmodelle) Volkssport Fußball

Strukturen der Bundesligisten – Teil 2 (Investorenmodelle)

Zwischen den beiden Spielen gegen Wolfsburg und Hamburg setzen wir unsere Reihe über die Strukturen der Bundesligisten fort. Während der VfL Wolfsburg seit jeher eng mit dem Volkswagen-Konzern verbunden ist, hat der Hamburger SV seine Lizenzspielerabteilung erst im Mai 2014 ausgegliedert und anschließend Anteile an der Gesellschaft veräußert.

Die folgende Aufstellung zeigt an, welche Vereine ihren Geschäftsbetrieb bereits ausgegliedert und Anteile an ihrer Lizenzspielerabteilung veräußert haben. Die nachstehenden Angaben der Prozentzahlen zielen dabei ausschließlich auf die Kapitalanteile und nicht auf etwaige Stimmverhältnisse ab.

Die allseits bekannte „50+1-Regel“ bewirkt, dass theoretisch 50 Prozent plus eine Stimme der Entscheidungsgewalt in den Händen des Vereins und seiner Mitglieder verbleiben und bis zu 50 Prozent minus eine Stimme an Investoren im Rahmen des Kapitaleinstiegs veräußert werden können. Seitens der DFL und des DFB wurden allerdings bereits vier gewichtige Ausnahmen beschlossenen: Leverkusen, Wolfsburg, Hoffenheim und zuletzt Hannover.

  1. Bundesliga
  • Hertha BSC (GmbH & Co. KGaA / 9,7 % KKR & Co. L.P.)
  • Hamburger SV (AG / 14,79 % u.a. Klaus-Michael Kühne)
  • FC Ingolstadt 04 (GmbH / 19,9 % quattro GmbH (Audi/Volkswagen))
  • FC Bayern München (AG / 25 % Adidas, Audi (Volkswagen), Allianz)
  • Eintracht Frankfurt (AG / 36,6 % u.a. verschiedene Bankhäuser)
  • Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA / 94,57 % (u.a. Evonik, Signal Iduna, Puma)
  • TSG Hoffenheim (GmbH / 96 % Dietmar Hopp)
  • FC Augsburg (GmbH & Co. KGaA / 99 % Investorengruppe um Klaus Hofmann)
  • RB Leipzig (GmbH / 99 % Red Bull GmbH)
  • Bayer 04 Leverkusen (GmbH / 100 % Bayer AG)
  • VfL Wolfsburg (GmbH / 100 % Volkswagen AG)

2. Bundesliga

  • Hannover 96 (GmbH & Co. KGaA / 100 % Investorengruppe um Martin Kind)
  • TSV München 1860 (GmbH & Co. KGaA / 60 % Hakan Ismaik)

Insbesondere bei den erstgenannten Beispielen wird deutlich, dass die 50+1-Regelung längst nur noch eine geschliffene Festung ist. Entweder gibt es Ausnahmeregelungen, die insbesondere für die Werksvereine aus Leverkusen und Wolfsburg geschaffen wurden, oder Vereine veräußern Kapitalanteile ohne Stimmrecht, um de jure die Stimmmehrheit in der Spielbetriebsgesellschaft zu behalten.

Klar ist jedoch auch, dass eine solche Konstruktion den Einfluss eines Geldgebers nicht effektiv beschränken kann. Die Entwicklungen bei den Löwen aus München zeigen deutlich, dass der Verein bzw. die verantwortlichen Vertreter schon längst nicht mehr Herr im eigenen Haus sind. Selbst der HSV steht unter dem massiven Druck, den der Investor Klaus-Michael Kühne auf die Verantwortlichen ausübt. In Hamburg ging die Ausgliederung des Spielbetriebs nahezu zeitgleich mit der Veräußerung der Anteile einher.

Vor diesem Hintergrund erscheinen die Bedenken, die derzeit beispielsweise in Stuttgart und Nürnberg gegen eine Ausgliederung vorgebracht werden, noch nachvollziehbarer. Insbesondere wenn man feststellt, dass in den vergangenen Jahren bei den Vereinen, welche bereits Anteile veräußert haben, kein direkter Zusammenhang zwischen Anteilsveräußerung und sportlichem Erfolg hergeleitet werden konnte.

Eine Veräußerung von Anteilen folgt in der Regel dem Schema, dass die Kapitalgesellschaft bewertet und anhand dieser Bewertung der Preis für die Anteile festgelegt wird. Vereinfacht dargestellt wird eine Spielbetriebsgesellschaft bspw. mit 100 Millionen Euro bewertet, so dass 25 Prozent der Anteile 25 Millionen Euro kosten würden.

Beide Verhandlungsseiten versuchen selbstverständlich ein optimales Ergebnis für sich zu erzielen. So wird mit einer Veräußerung von Anteilen der Wert für die Gesellschaft bzw. den Fußballverein ermittelt. Einem Investor ist naturgemäß daran gelegen, möglichst günstig Anteile zu erwerben und dann auf eine positive Entwicklung zu hoffen bzw. dahingehend einzuwirken, um anschließend die Anteile zu einem höheren Preis zu veräußern.

Dem Verein stünde von solch einem Veräußerungsgewinn nichts zu. Zudem müssten sich die Vereinsverantwortlichen dem Anteilseigner ein Stück weit unterordnen und dadurch gegebenenfalls völlig andere Interessen verfolgen oder gänzlich andere Werte vertreten als der ursprüngliche Verein.

Für den Erwerb von Kapitalanteilen gibt es mittlerweile unterschiedlichste Formen von Gegenleistungen wie eine mögliche Gewinnbeteiligung oder die Einflussnahme auf Entscheidungen des Geschäftsbetriebs. Zudem wird derzeit gänzlich ausgeblendet, wer im Falle eines Verkaufs von Anteilen als Eigner eines Fußballclubs folgen würde. Ist es der „sympathisch-verrückte“ Mäzen oder folgt z. B. in Ingolstadt oder Wolfsburg im Falle eines VW-Konzernrückzugs aus dem Sport ein Oligarch als zukünftiger Investor? Die noch verbliebenen Mitglieder des betroffenen Vereins würden an der Entscheidung jedenfalls nicht beteiligt werden.

Auch die Geschäftsbeziehung zwischen der Adidas AG und der FC Bayern München AG sollte durchaus kritisch betrachtet werden. Zum Zeitpunkt des Baus der neuen Arena flossen ca. 77 Millionen Euro von der Adidas AG an die Isar. Im Gegenzug erwarb der Sportartikelhersteller 10 Prozent der Anteile der Spielbetriebsgesellschaft. Einhergehend sicherte sich die Adidas AG die exklusiven Rechte zur Ausrüstung der Mannschaften des FCB. Der entsprechende Vertrag läuft bis 2030 und umfasst Zahlungen in Höhe von jährlich 60 Millionen Euro, die bis zum Vertragsende leicht ansteigen.

Im Vergleich dazu generiert der FC Barcelona jährlich 150 Millionen Euro, die der weiterhin unabhängige Verein im vergangenen Jahr erfolgreich mit Nike ausgehandelt hat. Dieser Vertrag läuft 2026 aus und kann im Anschluss ohne Partnerbindung neu verhandelt werden. Verglichen damit fallen die Verhandlungen zwischen den Verantwortlichen des FC Bayern und Adidas durch die eingegangene Bindung recht einseitig – und für den Verein wohl weniger lukrativ – aus.

In der öffentlichen Diskussion scheint hingegen vielmehr das allgemeine Bild befeuert zu werden, dass jeder Verein über potentielle Geldgeber erfreut sein müsste. Diese Sichtweise blendet allerdings aus, dass eine Konstellation, in der ein Geldgeber ohne eine wie auch immer geartete Gegenleistung einem Verein Geld überlässt, Utopie ist. Während 13 Vereine in Deutschland bereits in irgendeiner Form Investoren an Bord genommen haben, wurde bislang noch kein Fall bekannt, in dem ein Investor einem „Verein seines Herzens“ einen Millionenbetrag bedingungslos und ohne Gegenleistung überlassen hätte.

Bei allen Modellen eines Anteilsverkaufs schwindet immer auch die Möglichkeit der Einflussnahme durch die Mitglieder. Der Verein ist je nach Verhältnis nur noch Minderheits- oder im besten Fall Mitgesellschafter und hat dementsprechend auf die Geschäftsführung der Spielbetriebsgesellschaft keinen oder nur noch einen geringen Einfluss. Inwiefern man sich mit solchen Konstruktionen als Fan oder Mitglied noch identifizieren kann, bleibt fraglich. Für Fans und insbesondere Mitglieder eines unabhängigen Fußballvereins wie dem 1. FC Köln dürfte die Identifikation allerdings wesentlich leichter fallen.