Nachtrag zum Spiel gegen RB Leipzig

Hamburger SV & TSG Hoffenheim – ein Vergleich

14. Oktober 2016 Kommentare deaktiviert für FC Ingolstadt 04 – ein weiterer Werksverein!?! Volkssport Fußball

FC Ingolstadt 04 – ein weiterer Werksverein!?!

Während RB Leipzig noch nicht einmal auf zehn Jahre Vereinsgeschichte zurückblicken kann, wartet der FC Ingolstadt immerhin mit zwölf Jahren Historie auf. Im Vergleich zu anderen Fußballvereinen sind beide Zahlen überschaubar. So wurde beispielsweise die TSG Hoffenheim auf dem Papier bereits 1899 gegründet. Als Traditionsverein werden die Hoffenheimer zu Recht trotzdem nicht bezeichnet. Stattdessen werden die drei genannten Vereine als „Projekt“, „Retorte“ oder „Werksverein“ bezeichnet. Trifft dies im Fall des FC Ingolstadt 04 überhaupt zu?

Im Jahr 2004 wurden die Fußballabteilungen des MTV Ingolstadt und des ESV Ingolstadt ausgegliedert. Beide Vereine blicken auf jeweils zwei Spielzeiten in der 2. Bundesliga zurück. Das Ergebnis der Ausgliederung war der FC Ingolstadt. Auf den ersten Blick lassen sich Parallelen zur Geschichte des 1. FC Köln erkennen. So entstand unser Verein aus einer Fusion der beiden Fußballvereine Sülz 07 und Kölner BC.

Allerdings gingen beide Vereine vollständig im 1. FC Köln auf, somit wurde die Geschichte der beiden Vorgängervereine fortgeschrieben. In Ingolstadt existieren die beiden Ursprungsvereine hingegen weiter. Der MTV Ingolstadt tritt mittlerweile sogar wieder im Ligabetrieb an. Fragwürdig erscheint vor diesem Hintergrund, dass sich der FCI auf die Tradition des MTV und des ESV beruft. Deutlich wird dies auch bei den schwarz-rot-weißen Vereinsfarben der Ingolstädter. So sind die Farben des MTV lila-weiß und die des ESV schwarz-weiß, die Stadtfarben Ingolstadts sind weiß-blau. Wie aus diesen Vorgaben schwarz-rot-weiß geworden ist, bleibt unklar. Es gibt öffentlich keinerlei Anhaltspunkte für diese Farbwahl. Eventuell haben Geldgeber oder Sponsoren Einfluss auf die Entscheidung genommen, so nutzt der erste Hauptsponsor (Tuja Zeitarbeit) der Ingolstädter diese Farbkombination ebenfalls. In jedem Fall widerspricht diese Farbwahl einem traditionellen Verständnis von Fußball. Die Vereinsfarben haben nicht nur einen hohen Wiedererkennungswert, sondern sind auch identifikationsstiftendes Mittel.

Ein wesentlicher Geldgeber und Sponsor ist Audi. Der Sportpark ist nach dem Autobauer benannt und gehört sogar einer Tochtergesellschaft, die ihn wiederrum an die Spielbetriebsgesellschaft vermietet. Eine weitere Tochterfirma (quattro GmbH) hat 19,94 % der Anteile an der ausgegliederten Spielbetriebsgesellschaft erworben. Ursprünglich waren die Anteile im Besitz des Präsidenten Peter Jackwerth, der auch treibende Kraft bei der Gründung des FC Ingolstadt gewesen ist. Der Anteilsverkauf ging im Übrigen ohne Mitsprachemöglichkeit der Mitglieder des e.V. vonstatten. An dieser Stelle wird deutlich, welche Risiken eine Veräußerung von Anteilen mit sich bringt. Denn der Weiterverkauf von Anteilen kann eine solche Eigendynamik entwickeln, dass mittelbar auch unliebsame Investoren ihren Einfluss vergrößern können oder den Verein bzw. seine Spielbetriebsgesellschaft gar „feindlich“ übernehmen können. Die damit verbundene Aufgabe der Selbstbestimmung eines Vereins ist damit de facto unumkehrbar. In Ingolstadt steht die Fußballmannschaft also in einem eindeutigen Abhängigkeitsverhältnis zum örtlichen Automobilhersteller.

Dieser ist wiederum Teil des Volkswagenkonzerns, welcher somit an drei (VfL Wolfsburg, FC Bayern München und FC Ingolstadt 04) von 18 Bundesligisten  finanziell beteiligt ist. Solche Strukturen können langfristig zu Interessenkonflikten und damit auch zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Beispielsweise könnten auf Konzernebene Absprachen über Transfers oder die Ausleihe von Spielern getroffen werden. Eine unrühmliche Rolle spielte in diesem Zusammenhang auch wieder einmal der Ligaverband DFL. So beschloss die Ligaversammlung eine Begrenzung von Mehrfachbeteiligungen auf drei Beteiligungen, statt solche Konstruktionen zum Wohle des sportlichen Wettbewerbs auszuschließen. Leider besitzen eben solche Konzerne durch ihr Engagement im deutschen Fußball eine so große Lobby, dass man ihren Aktivitäten fortlaufend Bestandsschutz gewährt.

Natürlich werden auch Vereine wie der 1. FC Köln durch Unternehmen finanziell unterstützt und ohne die Einnahmen aus dem Sponsoring würden ebenfalls große Schwierigkeiten für die Aufrechterhaltung des Spielbetriebs entstehen. Allerdings ist der 1. FC Köln weder abhängig von einem einzelnen Sponsor noch von einem einzelnen Investor. Vielmehr können Sponsoren ersetzt werden. In Ingolstadt oder Wolfsburg dürfte außerordentlich fraglich sein, ob es eine Alternative zum Engagement von Volkswagen bzw. Audi gäbe.

Doch insbesondere in Ingolstadt gab und gibt es von Seiten der Fans und Mitglieder Bestrebungen den Einfluss von Audi zu begrenzen. So wurde auf der Mitgliederversammlung 2015 beschlossen, dass ein weiterer Verkauf von Anteilen nur mit einer 2/3-Mehrheit im Rahmen einer Mitgliederversammlung erfolgen kann. Darüber hinaus wurde bereits 2014 ein Fanvertreter im erweiterten Vorstand installiert. Nichtsdestoweniger zeigt sich auch in der Zusammensetzung des Vorstandes der Einfluss von Audi. Zwei der drei Mitglieder standen oder stehen auf der Gehaltsliste des Automobilherstellers. Im Ergebnis ist der FC Ingolstadt nicht auf eine Stufe mit den Werksvereinen aus Leverkusen und Wolfsburg zu stellen, aber auch die Ingolstädter Strukturen sind kritikwürdig und können in einer Reihe mit Projekten wie Hoffenheim genannt werden.